Das Allermeiste in unserem Gehirn läuft automatisch ab, also ohne Beteiligung der Großhirnrinde, die für das bewusste Denken zuständig ist. Das ist auch gut so, denn sonst könnten wir nicht so viele Dinge gleichzeitig und in dieser Geschwindigkeit tun (den Arm heben, sprechen, Worte finden, Augen bewegen, Geruch wahrnehmen, plötzlich auf etwas reagieren .... und gleichzeitig Herzschlag, Atmung, Stoffwechsel, Verdauung, Hormonregulierung usw. am Laufen halten).
Gut, dass unser Gehirn "weiß", was es wann und wie zu tun hat. - Auch im Trauma und bei belastenden Ereignissen.
vor dem Ereignis:
Man befindet sich z. B. mit der Familie auf den Weg in den Urlaub und fährt auf einer stark befahrenen Autobahn. Wie eingangs beschrieben, reguliert unser Gehirn alle erforderlichen Abläufe. Auch das Großhirn ist beteiligt, denn der Fahrer ist konzentriert und entscheidet etwa, wann es günstig ist, die Spur zu wechseln.
während des Ereignisses:
Doch plötzlich kracht es - Und das Gehirn steigt auf Notfallprogramm um. Das erste Notfallprogramm heißt: "Kampf oder Flucht" (Figh or Flight), ist das nicht mehr möglich, schaltet das Gehirn auf "Freeze und Fragment". Das heißt, wir sind wie eingefroren oder gelähmt und treten innerlich weg, um die Situation aushalten zu können. Oft bedeutet das: Kein Schmerzempfinden, kein Schreien oder Weinen, kein Zusammenbruch - nur Erstarrung. Dazu kommt, dass alles, was jetzt geschieht, in einzelnen Bruchstücken abgespeichert wird. Diese Fragmentierung ist ein wichtiger Selbstschutz in diesem Moment.
nach dem Ereignis:
Wenn das Schlimmste überstanden ist, wird die Person meist von vielen Gefühlen überflutet, z. B. Panik und Todesangst, totaler Rückzug oder übermäßiges Reden, ständig wechselnde Emotionen. Auch das Schmerzempfinden setzt wieder ein. Gleichzeitig bleibt die Erinnerung an das Ereignis bruchstückhaft, wie ein zersplitterter Spiegel, der nicht mehr vollständig repariert werden kann. Diese "Schwachstelle" in unserem Gehirn kann dazu führen, dass plötzliche Teilerinnerungen auftauchen, die wir nicht einordnen können.
Resümee: Es ist NORMAL, dass die betroffene Person bei und nach solch heftigen Ereignissen "NICHT NORMAL" ist.
Die gute Nachricht: Es gibt in jeder Phase gute Möglichkeiten der Begleitung und Unterstützung.